In mancherlei Hinsicht muss man auch lernen, sich zu beherrschen. Und nicht immer reicht es, nur die Minister miteinander sprechen zu lassen und einem sagen, „du musst dich entwickeln“, manchmal muss man auch sagen, „ja, da ist was“ und manchmal ist das auch nicht so einfach. Und manchmal wird man auch konfrontiert mit etwas, was nicht so einfach aus der Welt zu schaffen ist. Auch dazu gilt es, bereit zu sein, und dann nicht zu denken, „Yoga ist schlecht“, sondern auch da kommt man durch. Ich habe jetzt gerade die letzten Wochenenden immer wieder Schweigewochenenden gehabt. Es ist ja jetzt gerade die Zeit der Schweigewochenenden in den Ashrams und da haben wir ja auch in Bad Meinberg mehrere Zweijahresgruppen und im Westerwald und an der Nordsee, und für manche ist es einfach nur schön von Anfang bis Ende, die kommen in ein Bliss-Gefühl hinein und es ist einfach nur schön, wenn die dort sitzen und meditieren. Dann schaut man die an und dann wird auch meditiert. Und dann gibt es andere, die würde man am liebsten in den Arm nehmen und irgendwo sagen: „Ich würde dir das ja gerne ersparen, wodurch du jetzt gerade durchgehst. Und ich schicke dir alle Liebe, die ich kann, und wenn du irgendwie die Augen aufmachst, ich werde lächeln, was auch immer das Zeug hergibt. Alle Liebe, die ich habe, will ich… Aber du musst da leider durchgehen. Ich kann es dir auch nicht ersparen, der Swami Vishnu hat es mir auch nicht erspart. Und bitte denke nicht, dass, wenn du da durch etwas durchgehst, dass dann das Yoga falsch ist und dass du es aufgibst. Wenn du da durchgegangen bist, dann fällt es nachher leicht, zur Transzendenz zu kommen.“ Aber auch hier gilt wieder, es gibt manche Menschen, die machen den Schritt drei vor dem Schritt eins, und macht viel zu viel Arbeit dort. Man bekämpft seinen Ärger, man bekämpft seine Ungeduld, man bekämpft sein Helfersyndrom und man bekämpft alles Mögliche. Das Bekämpfen ist sowieso der falsche Ausdruck, an sich arbeiten, ist sicher ein besserer Ausdruck. Und dieses an sich Arbeiten und systematisch an sich arbeiten und durch Transformation hindurchgehen, sollte man auf die Dinge beschränken, für die es nötig ist. Neunzig-, Fünfundneunzigprozent unserer inneren Konflikte können wir einfacher loswerden und viel mehr im Umgang mit anderen Menschen kann man noch bewirken, indem man sagt: „Ja, da gilt es, an mir zu arbeiten.“ Ganz kurz, auch im Umgang mit anderen Menschen kann man das. Harmonischer leben kann auch heißen, wir erkennen an, dass auch der andere ein liebenswerter Mensch ist, dass er ein Königreich ist mit lauter tollen Ministern oder alle möglichen Anteile in sich hat, die alle wohlmeinend sind und die ab und zu mal etwas außer Kontrolle geraten und die vielleicht nicht so geschickt sind. Einen Menschen lieben heißt, ihn als Ganzes zu lieben. Es heißt nicht, dass man jetzt jede Handlung eines Menschen gut findet. Aber man liebt jeden Teil davon und kann auch sagen: „Ja, ich liebe dich in allen deinen Teilen oder ich nehme dich an in allen deinen Teilen.“ Kollegen oder Chefs usw. Und man erkennt, man kann auch im anderen sehen, da ist gerade sein Justizminister aktiv, da ist gerade sein Minister für Gemütlichkeit aktiv, da ist gerade eine Überfürsorge aktiv, da ist gerade der Verteidigungsminister überflüssigerweise aktiv, der will sich verteidigen, ohne dass es notwendig ist. Aber es ist ja irgendwo auch anzuerkennen, dass er so etwas hat und dass es da ist. Und dann kann man sagen: „Ah, und sein Verteidigungsminister spricht gerade mit meinem Justizminister und die vertragen sich nicht. Wen können wir da noch einschalten, damit die sich besser vertragen?“ Das könnt ihr tatsächlich mal ausprobieren, ob euch das hilft. Es gibt auch andere Möglichkeiten, irgendwo harmonisch einfach erst mal zu schauen, im Sinne von Höflichkeit und lächeln und vieles andere und jemanden anzuerkennen, für das, was er ist. Das ist auch schon einiges, was hilft. Erst mal eine Verbindung herzustellen. Man muss nicht gleich jedem Menschen versuchen, ihm zu zeigen, auf seine Punkte zu stoßen. Es gibt ja Menschen, die haben diesen großen Wunsch. Es ist deren Mission, jedem bei der ersten Begegnung an seine Themen zu stoßen. Und sie wundern sich dann, dass der andere das gar nicht annimmt. Es gibt auch solche, die können das sehr gut und manchen es auf eine Weise, dass es Menschen annehmen können. Es gibt solche Chefs, es gibt solche Professoren und Lehrer, es gibt solche Eltern. Das gibt es, aber wenn man nicht die natürliche Begabung hat, ist oft erst mal gut, zu versuchen, harmonisch zu leben, den anderen zu verstehen, freundlich zu sein, ihm Komplimente zu machen und das Liebenswerte zu finden, dann auch in dem anderen Hypothesen anstellen, welche Ministeranteile gerade aktiv sind und dann ist ein bisschen mehr Verstehen.
– Fortsetzung folgt –
Dies ist die 16. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines Workshops von Sukadev Bretz in der Yoga Vidya Yogaschule Augsburg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke schaue nach im Yoga Wiki. Hier ein paar weitere Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken