Es geht darum, uns zu entwickeln, das heraus zu wickeln, damit nachher dieses Wertvolle in uns spürbar ist. Und dann ist es nicht nur spürbar in uns, sondern dann können wir es auch spüren in anderen. Das ist auch das Interessante. Und das ist auch ein Kennzeichen einer Tiefenentwicklung, dass in dem Maße, wie wir uns selbst entwickeln und Zugang finden zu dem Tieferen in uns, können wir es auch im anderen sehen. So wie hier habt ihr gerade diese wunderschöne Lampe und die ist im Inneren hell und drum herum ist einmal drum herum gewickelt. Und so ist es auch schön, es gibt ein schönes, angenehmes Licht. Aber angenommen, man würde jetzt den roten Stoff dort zwanzig, dreißig, vierzig Mal herumwickeln, dann würde man kein Licht sehen. Um jetzt Licht zu sehen, müssten wir dann den Stoff wieder entwickeln. Und das ist auch schon – einige von euch haben das schon tausend Mal gehört, für andere mag es neu sein – es ist etwas, woran man sich immer wieder auch erinnern kann: „Ja, tief in mir ist dieses Göttliche und es ist schon jetzt da. Ich brauche mich nicht unter Druck zu setzen, ich brauche keine Minderwertigkeitsgefühle haben, ich brauche keine Überwertigkeitsgefühle, ich muss mich nicht irgendwie antreiben, eigentlich kann ich erst mal entspannt sein, im Bewusstsein, ja, tief im Inneren ist es jetzt schon da.“ Dann kann man natürlich auch sagen: „Ja, und es wäre ja auch schön, es zu erfahren und es zu erleben und dafür mache ich das Yoga.“ Und dort schadet es auch nichts, sich ein bisschen unter Druck zu setzen, im Sinne von: „Ja, ich will es früher erleben.“ Aber nicht im Sinne: „Ich bin jetzt nicht ausreichend gut und ich bin ein schlechter Mensch oder so.“ Oder: „Ich bin ungenügend, ich tauge nichts ausreichend, ich muss jetzt mir verdienen, dass ich etwas tauge.“ Sondern all das nicht, es ist schon da. Nur, wir können es erfahren, indem wir einiges entwickeln. Es gibt verschiedene Modelle im Yoga, wie wir uns entwickeln. Manche von euch kennen die sieben Bhumikas, die werde ich jetzt nicht erwähnen, weil eigentlich die letzten fünf Stufen, in der dritten Stufe ist man schon Meister, Meisterin, und dann sind es noch die nächsten vier, die doch viele sehen, ist erst mal weit jenseits von dem, was man erst mal erreichen kann. Es ist dennoch gut, sich damit zu beschäftigen, weshalb man das ja auch macht, sogar gleich zu Anfang von der zweijährigen Yogalehrerausbildung, also nicht in der ersten Stunde, aber schon nach zwei, drei Monaten, dass wir unsere Zukunft auch nochmal vor Augen haben. Wenn wir uns im Yoga mit dem höchsten Stufen beschäftigen, dann mag das zunächst mal nicht sehr alltagspraktisch sein, aber wir können sagen: „Ja, so wird es sein.“ So ähnlich, angenommen, ihr fahrt irgendwo in Urlaub und dann werdet ihr vielleicht lesen etwas vorher über den Urlaubsort. Nicht alle, manche lassen sich einfach überraschen, aber manche lesen vorher. Es ist vollkommen alltagsunpraktisch, dort etwas zu lesen über das, wo man in drei Monaten in Urlaub hinfährt. Das hilft euch überhaupt nicht, wenn ihr in Augsburg seid und irgendwo lest, wie es im Sivananda Ashram Rishikesh zugeht. Das hilft euch in keiner Weise, wie ihr hier jetzt über die Straße geht und wie ihr hier bei eurer Arbeit mit einem nörgelnden Chef umgeht und mit unverschämten Kunden und mit irgendwo versäumten Einkaufsorder, die euer kranker Kollege nicht mehr gemacht hat, das hilft jetzt nicht in Rishikesh. Aber es hilft euch, die Vorfreude zu haben, und dann, wenn ihr das seid, mehr zu verstehen. In diesem Sinne ist es durchaus auch hilfreich, mal über sehr fortgeschrittene Stadien der Entwicklung zu sprechen, dann freut man sich darauf: „Ah, das werde ich noch hinkommen.“ Ich will einem anderen Modell folgen, das auch die meisten auch schon kennen, aber was immer wieder wichtig ist. Und diese Stufen sind nicht, dass man eine Stufe erreicht hat und die andere Stufe anschließend – man kann sagen – hinter sich lassen kann, und sagen: „Die habe ich erklommen.“ Es ist jetzt nicht so, wie wenn ihr hier die Stufen hochgeht ins Zentrum. Ich weiß nicht, ob jemand einen Aufzug genommen hat, man kann aber schöne die Treppen hochgehen. Und wenn man die erste Treppe genommen hat, dann kommt die nächste usw. und dann ist man oben. Aber letztlich auch dann, irgendwann muss man sie auch wieder heruntergehen, es sei denn, ihr wollt den Rest eures Lebens hier im Yogaraum verbringen, was vermutlich Amrita jetzt auch nicht so toll finden würde. Selbst wenn ihr euch entscheiden wollt, das wäre euer Zuhause, müsst ihr trotzdem auch mal herunterkommen. Und so sind immer die verschiedenen Stufen auch wichtig. Dieses Modell ist erst mal – viele kennen es als Dreistufenmodell – ich will es jetzt als Vierstufenmodell machen.
– Fortsetzung folgt –
Dies ist die 2. Folge der unbearbeiteten Niederschrift eines Mitschnitts eines Workshops von Sukadev Bretz in der Yoga Vidya Yogaschule Augsburg. Für die Erläuterung der Sanskrit Ausdrücke schaue nach im Yoga Wiki. Hier ein paar weitere Links:
- Seminare mit Sukadev
- Seminare zum Thema Raja Yoga und Positives Denken